Gründung
Am 24. Juli 1035 stiftete Graf Leodegar,
ein Eichstätter Domherr, auf Anregung des Eichstätter Bischofs Heribert am Grab der
hl. Walburga, wo bereits seit dem
9. Jahrhundert ein Kanonissenstift bestand,
die Benediktinerinnenabtei St. Walburg. Beide statteten diese mit Fundationsgütern aus.
Aus der Gründungsurkunde vom 24. Juli 1035:
... cum consensu et uoluntate prenominati episcopi Heriberti, aliis reprobatis locis, elegit sibi ecclesiam sancte VVALBVRGE virginis, sitam in quodam monticulo prope muros Eihstatensis urbis ... ut sui desiderium adimplens, monachicam constitueret uitam sanctimonialium congregatione in ibi collecta.
... mit Zustimmung und auf den Wunsch des vorgenannten Bischofs Heribert hin, erwählte er [Graf Leodegar] sich, nachdem er andere Orte verworfen hatte, die Kirche der heiligen Jungfrau Walburga, gelegen auf einem Hang bei den Mauern der Stadt Eichstätt, damit er dort zur Erfüllung seines eigenen Wunsches durch Einsetzung eines Konvents von Nonnen monastisches Leben begründe.
Die ersten Jahrhunderte
Die Urkundenüberlieferung, welche, abgesehen vom Stiftungsbrief, im 12. Jahrhundert einsetzt und im 13. Jahrhundert reichhaltiger wird, sowie die frühesten Salbücher bezeugen weiteren Gütererwerb des Klosters. Ansonsten ist über die frühe Klostergeschichte nur wenig bekannt.
Reform
Für die Klosterfrauen war seit der Gründung die Benediktsregel verbindlich. Ihre Lebensweise wies jedoch in den ersten Jahrhunderten viele mit dem benediktinischen Ideal unvereinbare Gewohnheiten auf, z.B. den Besitz von Sondereigentum (Pfründenwesen) und
das Fehlen einer monastischen Klausur.
Im Zuge der Reformbewegung Mitte des
15. Jahrhunderts reformierte der Eichstätter Bischof Johann von Eych mit Hilfe von Benediktinerinnen aus der Abtei Marienberg bei Boppard das Kloster St. Walburg und schaffte die auch in anderen mittelalterlichen Abteien belegten sog. stiftischen Elemente ab.
Eine Folge der durch die Reform bewirkten Vertiefung des geistlichen Lebens war die Förderung kulturellen Schaffens.
Im St. Walburger Scriptorium wurden Bücher geistlichen und liturgischen Inhalts kopiert und illuminiert. Auch die Miniaturmalerei sowie die Bildwirkerei standen in Blüte.
Frühe Neuzeit
In der Zeit des 16. Jahrhunderts hatte das Kloster unter den Folgen tiefgreifender religiöser Auseinandersetzungen (Reformation) und schwerer sozialer Unruhen (Bauernkriege) sowie der Konfessionskriege (Schmalkaldischer Krieg) zu leiden.
Starke Führungspersönlichkeiten, wie z. B. Walburga von Absberg und Margareta von Seckendorff führten den Konvent durch diese konfliktreiche Zeit.
Die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts waren eine Blütezeit des Walburgakultes.
Die wachsende Zahl der Walburgapilger erforderte den im Jahr 1629 begonnenen Neubau der Pfarrkirche von St. Walburg. Das Übergreifen des Dreißijährigen Kriegs auf das Hochstift Eichstätt machte es notwendig, dass bereits im Jahr 1631 der noch unvollendete Neubau der Kirche geweiht wurde. Seine Fertigstellung musste für lange Zeit aufgeschoben werden.
Dreissigjähriger Krieg
In Vorahnung auf die kommenden Kriegsjahre erkor sich Äbtissin Helena Gross von Trockau–Zeulenreuth (1630/1651) für ihr äbtliches Wirken den Wahlspruch "In aller Angst und Not hoffe ich auf meinen Gott". In den Heimsuchungen von Verwüstung und Plünderung des Kloster, Geiselnahme, Misshandlungen und Flucht, von Hunger, Krankheit und Tod war Äbtissin Helena für ihren Konvent eine fürsorgliche Mutter. (s. Zitate aus der Klosterchronik in der grauen Kolumne auf der rechten Seite)
Erneute Bedrängnisse, Hunger und Not brachte der zweite Schwedeneinfall in den Jahren 1646–1648.
Wiederaufbau
Auch die Nachfolgerinnen der 1651 verstorbenen Äbtissin Helena hatten den Konvent durch schwere, von Hunger, Armut und hohe Verschuldung geprägte Jahre zu führen. Der Wiederaufbau des zerstörten und ausgeplündeten Klosters nahm Jahrzehnte in Anspruch. Auf den mittelalterlichen Grundmauern entstand eine völlig neu konzipierte und erweiterte Klosteranlage.
Barockzeit
Äbtissin Cordula Lüzlerin (1677/1704) gelang es, trotz erneuter Kriegsbedrängnisse (Pfälzischer Erbfolgekrieg, Spanischer Erbfolgekrieg) und der hohen Bauausgaben,
die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klosters zu sanieren. Sie schuf so die Voraussetzungen der wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit des Klosters unter ihren Nachfolgerinnen.
Äbtissin Barbara Schmaussin (1705/1730) erwies sich als eine eifrige Förderin der Wallfahrt zur hl. Walburga, die in ihrer Regierungszeit wieder aufblühte. Durch begüterte Wallfahrer flossen der Abtei reiche Spenden zu.
Äbtissin Barbara nahm mit der völligen Erneuerung des Abteitraktes den letzten Abschnitt des Klosterneubaus in Angriff.
Sie pflegte und förderte die Instrumentalmusik und den mehrstimmigen Gesang bei festlich gestalteten Gottesdiensten, so etwa bei großen Wallfahrten. Unter Äbtissin Adelgundis I. Pettenkoferin (1730/1756), die einen feinen Kunstgeschmack besaß, erhielten Kirche und Kloster innen und außen ihre endgültige, künstlerisch hochrangige, vom Stil des Rokoko geprägte Gestalt. Die folgenden Äbtissinnen hatten in wirtschaftlicher Hinsicht auf Grund von hoher Verschuldung ein schweres Erbe zu übernehmen. Hinzu kamen erneute kriegsbedingte Belastungen (Siebenjähriger Krieg, Koalitionskriege) sowie durch Missernten hervorgerufene Hungersnöte. Diese Bedrängnisse taten jedoch dem geistlichen Leben des Konvents, dem es nie an Berufungen mangelte, keinen Abbruch. Mit Recht konnte daher die letzte Äbtissin des Alten Reichs, Michaela Morasch (1799/1826) von ihrem Konvent sagen: Übrigens danke ich nur immer Gott, daß er mir so eine gute Gemeinde, von der ich gar keinen Verdruß habe, anvertraut … hat.
Säkularisation
Im Jahre 1806 wurde die Abtei St. Walburg säkularisiert.
Der Säkularisationsbeamte Joseph Barth notierte über den inneren Zustand der Klostergemeinschaft von St. Walburg:
Ich bin schon in mehrere Klöster, aber noch in keines gekommen, wo ich eine so ganz gute Harmonie, vollkommene Zufriedenheit aller Glieder, und eine Einigkeit unter ihnen antraf, die andern zum auferbaulichen Muster aufgestellt werden dürfte.
Auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin wurde den Nonnen gestattet, nach der Aufhebung ihr klösterliches Leben fortzusetzen und im Kloster bleiben zu dürfen.
Aus dem Verhörprotokoll bei der Säkularisation im Jahre 1806:
Fr. Walburga Scheurin (44 Jahre alt) erklärt,
daß sie ganz zufrieden sey, u. kein anderes Verlangen habe, als bey ihrer bisherigen Verfassung u. in ihrem Kloster zu leben und zu sterben.
Fr. Josepha Liberin (36 Jahre alt) erklärt, daß sie
ganz mit ihrem Schicksale zufrieden sey, u. keine Auflösung, sondern blos die Belassung in ihrer Gemeinheit aufrichtigst wünsche u. darum bitte.
Fr. Scholastika Schußmänin (42 Jahre alt) erklärt, daß sie vollkommen zufrieden sey, u. keine Abänderung, sondern in ihrem Kloster zu leben u. zu sterben wünsche.
Fr. Richarda Hindlmeyrin (40 Jahre alt) erklärt, daß sie in ihrem Kloster völlig zufrieden sey, u. keine Veränderung ihrer Lage sondern die Belassung in ihrer Gemeinschaft wünsche.
Fr. Leodegara Hoferin (32 Jahre alt) erklärt, daß sie ganz vergnügt lebe, u, blos um die fernere Belassung in ihrer klösterl. Gemeinheit aufrichtigst bitte.
Wiedererrichtung
Während der Jahrzehnte der Aufhebung gaben die Schwestern die Hoffnung auf eine Wieder-
errichtung der Abtei nie auf. Diese Hoffung erfüllte sich am 7. Juni 1835, als König Ludwig I. von Bayern das Kloster wiedererrichtete. Damals lebten noch 13 Schwestern des alten Konvents. Bedingung für die Wiedererrichtung war die Übernahme der Mädchenschule von Eichstätt.
19. Jahrhundert
Mitte des 19. Jahrhunderts hatte das Kloster bereits wieder so viele Mitglieder, dass es der Bitte von P. Bonifaz Wimmer OSB, dem großen Pionier der amerikanischen Benediktiner, entsprechen konnte, eine Gründung unter der Führung von Sr. Benedicta Riepp OSB in den USA zu wagen.
In den Jahren 1852, 1853 und 1855 wurden
St. Walburger Schwestern zur Gründung des Saint Joseph Monastery nach St. Marys, Pennsylvania, entsandt. Laut Dekret des Heiligen Stuhls vom 6. Dezember 1859 wurden dieses Kloster und dessen bereits erfolgte Tochtergründungen Erie, Pennsylvania, (1856), St. Cloud, Minnesota (1857) und Newark, New Jersey (1857) als von St. Walburg unabhängig erklärt. Heute führen etwa fünfzig Benediktinerinnenpriorate, zusammengefasst in drei Föderationen, St. Benedict, St. Scholastica und St. Gertrud, ihren Ursprung auf die
St. Walburger Gründung zurück.
20. /21. Jahrhundert
Im Jahre 1914 wurde das Kloster durch König Ludwig III. von Bayern wieder zur Abtei erhoben und die damalige Priorin Karolina Kroiß (1902/1926) zur Äbtissin gewählt. Der Konvent zählte damals ca. 57 Mitglieder, etwa die Hälfte von diesen war als Lehrerinnen in der Schule eingesetzt. Unter der Regierung von Mutter Karolina stieg die Mitgliederzahl des Konvents auf nahezu Hundert.
Ihre Nachfolgerin Äbtissin Benedicta von Spiegel zu Peckelsheim (1926/1950) verteidigte mit Unerschrockenheit und Klugheit, dabei auch die direkte Konfrontation mit Vertretern von Partei und Staat nicht scheuend, in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft die Rechte des Klosters. Sie trat mit Wort und Tat den Machenschaften der Nationalsozialisten, deren antichristlichen Geist sie von Anfang an durchschaut und bekämpft hatte, entgegen.
Unter Äbtissin Benedicta wurden drei weitere Gründungen in den USA bzw. in Großbritannien begonnen:
1931 wurden Schwestern unter der Leitung von Frau Leonarda Fritz OSB in die Erzabtei St.Vincent, Latrobe/Pennsylvania, USA,
entsandt. Aus diesen Anfängen entwickelte sich das 2010 unabhängig gewordene Priorat St. Emma, Greensburg/Pennsylvania, USA.
Im Jahr 1935 begann unser Kloster auf einer Farm südlich von Boulder/Colorado eine weitere Gründung. Frau Augustina Weihermüller OSB leistete dort zusammen mit einer kleinen Gruppe von Schwestern härteste Pionierarbeit. Das seit 1951 abhängige Priorat Saint Walburga erhielt 1986 den Status eines Konventualpriorats und wurde 1989 zur Abtei erhoben. Zur ersten Äbtissin wurde die bisherige Priorin Maria Thomas Beil OSB, gewählt, die 1979 von der Mutterabtei in Eichstätt nach Boulder ausgesandt worden war. Der Konvent siedelte 1997 nach Virginia Dale/Colorado um.
1937 gründete unser Kloster die Niederlassung St. Mildred in Minster Abbey, Kent, England. Diese wurde ein Zufluchtsort für die St. Walburger Benediktinerin Frau Emmanuela Drey OSB, die Mutter Benedikta im April 1939 sozusagen in letzter Minute dort in Sicherheit bringen konnte. Die Gründung wurde 1996 mit der Errichtung als Konventualpriorat abgeschlossen.
Im Jahr 1950 wählte der Konvent der Eichstätter Abtei die Priorin von Saint Walburga, Boulder, Frau Augustina Weihermüller OSB, zur Äbtissin (1950/1985). In ihrer Amtszeit wurden die Klostergebäude modernisiert und renoviert. Ein wichtiges Anliegen war es ihr, die in den USA schon längst von ihr praktizierte Aufhebung der Unterscheidung von Chorfrauen und Laienschwestern auch in St. Walburg durchzusetzen, noch vor den Dekreten des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die Einheit wurde im Jahre 1981 durch die Einführung des Monastischen Stundenbuchs in deutscher Sprache und somit durch das gemeinsam gebetete Offizium besiegelt.
Nachfolgerin von Mutter Augustina wurde im Jahre 1985 Sr. Franziska Salesia Kloos OSB (1985/2018). Ihrem Wahlspruch „Audiam quid loquatur Dominus Deus“ suchte und fand Mutter Franziska Wege, das Kloster in monastisch angemessener Weise und in unaufdringlicher Modernität zu öffnen. Nach jahrelangem Ausbleiben von Berufungen, konnten so in der altehrwürdigen Abtei ein Stamm junger Schwestern zur Profess geführt werden. Die Neuerstellung von Konstitutionen für unser Kloster und die Errichtung der Föderation der bayerischen Benediktinerinnenabteien 1986/1987 ist ihrer Initiative zu verdanken. Die Entlassung der Gründungen in den USA bzw. in England war ebenso ihr Werk. Die dringend anstehende Generalsanierung der Abteigebäude war eine Herausforderung, der sie sich während ihrer ganzen Amtszeit mit Hingabe und Kompetenz stellte.
Am 4. Januar 2019 wurde Sr. M. Hildegard Dubnick OSB aus der Tochterabtei Saint Walburga, Virginia Dale, USA zur Äbtissin von St. Walburg gewählt. Sie resignierte am 24. März 2024. Seit 4. April 2024 leitet Interims-Priorin Sr. Elisabeth Hartwig OSB die Abtei St. Walburg.